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Kollaboration

BUMM BUMM BUMM (by Christoph Hinterhuber)

Ohne Theorie keine Revolution/BUMM BUMM BUMM (Seit 2018)

10. März 2020

Im Jahr 2018 initiierten David Prieth, Max Thomann, Rene Nuderscher und ich (ja ich weiß, alles Männer, wie innovativ) ein Projekt, welches ursprünglich von der ehemaligen Geschäftsführer*in der p.m.k. Ulli Mair konzipiert wurde. Eine "mobile Pop-University", die sich dem Thema Pop, Subkultur und subkulturellem Schaffen von einem theoretischen Zugang her auseinandersetzen möchte. Der ursprüngliche Name war „ohne theorie keine revolution“ - wobei inzwischen der Projekttitel „bumm bumm bumm“ - von uns lieber verwendet wird. Bisher fanden folgende Termine statt:

 

  • Termin I am 15.3.2018 - Pop, Subkultur und Gesellschaft

    Talk mit Thomas Meinecke (Autor/Popliterat/DJ) und Thomas Edlinger (donaufestial/Radiomacher/Journalist) und Moderation von Martin Fritz (Wissenschaftler/Autor/Performancekünstler).

    In Anschluss gab es DJ-Sets von Thomas Meinecke & Christoph Hinterhuber.

  • Termin II am 31.5 2018 - Techno

    Talk mit Sascha Kösch (de:Bug Magazin/DJ Bleed), Jochen Bonz (Universität Hildesheim/UIBK) Matthias Pasdzierny (Universität der Künste Berlin), Bianca Ludewig (Universität Wien) und Rrose(Techno/Experimental/Mixed Gender).

    Im Rahmen des Heart of Noise Festival, Innsbruck 2018 gab es ein LIVE-Set von Rose.

  • Termin III am 7.12. 2018 - Metal
    Talk  mit Sarah Chaker, Anna-Katharina Höpflinger und der Moderation Marcel Amoser.

    Im Anschluss gab es ein Konzert mit The Negative Bias.

    Plakat der 3. Veranstaltung

  • Termin IV am 25.1. 2019 - Hip Hop

    Talk mit Antitfuchs, Marcus Staiger, Marc Dietrich und D.E.Y. sowie der Moderatorin Anna Schauberger/The Unused Word/Yolo Ferrari.

    Im Anschluss ein Konzert mit Antifuchs.

    Plakat der 4. Veranstaltung

Projektbeschreibung "bumm bumm bumm aka Ohne Theorie keine Revolution"

Mit der Veranstaltungsreihe soll eine überschaubare Bandbreite an pop-relevanten Themen, in nicht gänzlich ausformulierten, aber keineswegs beliebigen Sondierungversuchen, ausgestellt werden. Popkultur als reines Aufschreibesystem betrachtet, speichert im Strudel der Geschichte seine Phänomene, Wissensbestände und ritualisierten Praktiken, auf die ein ständiger Zugriff stattfindet, sodass ihre Archivierung – so scheint es – in einer Eliminierung von Zeit und Raum verfließt.

Transkulturelle Teilsubjektivierung findet als ein Hereinbrechen der Digitalisierung in wunderschönen hybriden Formen ihren Ausdruck. Speziell über die sich pop-geschichtlich verfestigte Taping-und Samplingkultur werden vormals monolithisch gewachsene Einheiten zu popkulturellen Dispersionen. Könnte man das Bejahen dieser Kräfte bereits als emanzipatorische Transformation begrüßen, oder ist es lediglich das altbekannte Abfeiern der Oberfläche? Die Frage der Selbstermächtigung ist eine der essentiellen Fragen der intellektuellen Pop-Verstehen-Woller und -innen. Man sollte sich nicht die Hoffnung machen, dass Fragen dieser Art auf der Veranstaltung beantwortet werden. Das Ideal des mehrteiligen Kränzchens wäre eher ein reflektiertes und deshalb produktives Scheitern anhand der großen Fragestellungen.

So versprechen uns Techno und Rave Musik (die Ideale der Anfangszeit) eine Form der Unio Mystica – rhythmische Gleichschaltung und Demokratie? – jacked bodies und synchronisierte Gehirnwellen im auffrisierten Hippie-Update, die auf der Tanzfläche in aufgeladene Teilchen verwandelt werden.

Hip-Hop bewegt auch Körper, ja! In seinen Anfängen war Hip-Hop ein reines Subkulturphänomen, das seinen Ausgang in den 1970er Jahren in der New Yorker Bronx nahm und im Zuge der Entwicklung nicht zu trennen ist von emanzipatorischen Ansprüchen der schwarzen Unterschicht. Heute befinden wir uns in einer kaum zu übersehbaren Wirkkraft und globalen Präsenz dieser kulturellen Großmacht. Eine aktuelle Studie des Branchendienstes Nielsen zeigt, dass Hip-Hop und R'n'B zum ersten Mal in Sachen Streaming und Verkaufszahlen Rock überholt haben. Mit Dr. Dre gibt es gar einen Milliardär (!) im Game – und der Rapper Kendrick Lamar ging in der Amtszeit von Obama im weißen Haus ein und aus. Vor diesem Hintergrund könnte man sich die Frage stellen, welchen Sinn es noch hat, eine politische Agenda oder gar ein Revolutionsdenken im Hip-Hop zu skandieren?

Staiger, eine der wichtigsten Schanierfunktionen zwischen Hip-Hop und Politik im deutschsprachigen Raum (er versteht sich selber als Marxist), bezweifelt, dass die Rolle von Rap eine revolutionäre sein könne/müsse. Hip-Hop könne meist „nur“ Bestandsaufnahmen machen, soll heißen: die Welt in ihrer ganzen Widersprüchlichkeit und Schlechtigkeit abbilden.

PopPopPop.


Müsste man sich nicht immer wieder die Frage stellen, was den Menschen hinter den Wänden, aus denen dröhnende Beats auf die Straßen dringen, mit ihrer Musik meinen, fühlen oder verstanden wissen wollen. Gibt es noch eine politische Partykultur bzw. haben diese Formate – von rappenden Individuen, die im Rampenlicht meist Bestandsaufnahmen ihrer Beobachtungen skandieren, oder Einzelgängern, die hinter Plattenspielern und Soundmaschinen aus dem Archiv der unendlichen Sample-Ansammlung des Ersatzteillagers unserer Musikgeschichte das Publikum zum exzessiven Tanzen auffordern noch transversale Agenden? Oder hat sich diese im molekular gewordenen Kapitalismus so zerbröselt und in monadische Appendizes jenseits von Raum und Zeit einer Partylocation verstohlen?

Technomusik hat sich globalisiert, von den früheren Bestrebungen im Kontext technologischer Entwicklungen und der Entdeckung des Cyberspace Entsubjektivierungsprozesse und die temporäre Aushebelung eines Zeitkontinuums anzustreben, wie in britischen Underground-Clubs, bis zum Streben nach einem neuen schwarzen Selbstbewusstsein als Gegenstrategie gegen Reagan’sche Politik im Rostgürtel der USA. Hip-Hop und die als ihre Begleiterscheinung auftretenden Kulturtechniken des Graffitis oder des Breakdancen dienten der Individualisierung und Generierung von Autorenschaft zu urbanen Wertgesetzen. Als Psychotopologien dienten dieserart Strategien der Suche nach neuen „Räumen“ (geographische, soziale, kulturelle und imaginäre), die potentiell als autonome Zonen erblühen könnten und Individuationen zulassen, die man bis dahin nur imaginieren wollte.

Man hat sich von den früheren einfachen Codes und reduzierten Gestaltungsmitteln der Musik umtransponiert zu komplexen Soundwolken, die aus einer Form von Art of Noise zu neuen Sounds generiert werden. Gibt es in diesen (Pop)Kulturen noch dividuelle Agenden?